Kurios

Forum für Fragen zu ADS / ADHS / Autismus bei Kindern

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Beitragvon Mari-On » 17/3/2009, 13:09

Bei Niki wurde ja bisher angenommen, daß er gar nicht richtig schreiben oder lesen könne, beim Schreiben in der Schule tut er sich wahnsinnig schwer, beim Lesen muß er erstmal tief Luft holen und stottert sich dann einen zurecht und rät die Wörter.
Nun erwische ich ihn gerade dabei, wie er aus dem Kopf sämtliche Pokemon-Namen auf ein Blatt schreibt, alle annähernd richtig geschrieben und wie er gestern in einem Pokemonbuch laut am Lesen war.Er kann zwar keine reihen einhalten und wechselt ständig die Hand beim Schreiben, aber die Namen stehen lesbar auf einem Zettel.
Kopfmäßig geht das ja dann mit Schreiben und Lesen (außer daß er P und B, sowie G und K, und T und D nichct auseinander hält beim Schreiben), bisher hieß es aber immer, er könne es nicht.
Nun laufen gerade die Testungen auf welche Schule er kommt, soll ich das nun der Lehrerin mitteilen? oder ist das eher unwichtig?
Auch kann er seit letztem Samstag Fahrrad fahren, also gleichzeitig lenken und treten und für ne Zeit das Gleichgewicht halten (er fährt noch nicht wie andere Gleichaltrige, aber bisher haperte es daran, daß er nur eines auf einmal machen konnte, man konnte ihn aufs Rad setzen, ihm Anschwung geben und er hielt sich, konnte aber nicht treten bzw. wenn er treten wollte, schaute er nach unten und konnte nicht lenken, das geht jetzt, er fällt aber nach ca. 20m um).
Ich find das kurios, aufmal zeigt er sowas zufällig alles von alleine, daß er doch mehr kann als angenommen, nur so sachen wie Popo abwischen, Brot shcmieren etc. das kann er nicht :-( da verheddert er sich mit seinen Armen, aber schulisch hat er mehr drauf, wie alle dachten.
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Beitragvon ehm. Userin » 17/3/2009, 13:41

Hallo Marion,

ich habe zwar mit diesem Thema keine Erfahrungen,
aber vom Gefühl her würde ich es den Lehrern nicht sagen.
ich denke das er damit vielleicht unter Druck gesetzt werden könnt.
DU KANNST DOCH DU WILLST NUR NICHT.

LG
Jean
ehm. Userin
 

Beitragvon Sisa » 17/3/2009, 13:52

Hallo Marion!
Tja, dass ist wirklich kurios!

Ich arbeite im Kigo (Kindergottesdienst) mit - dort habe ich Kinder von zwei Grundschulen.
Beide Schulen haben eine etwas eigene Methode des Lesen lernens.
Bei Sarahs alter Grundschule weiß ich, dass die Lehrer vermeiden wollten, dass die Kinder sich Wörter als Gesamtbild einprägen - also dass sie zum Beispiel A -PF - EL lesen sollten (silbenweise) um dann daraus auch einen Apfelbaum erlesen zu können.
Die zweite Grundschule scheint mir mehr so das ganze Wort zu erfassen - zumindest lesen die Kinder anders, nicht schlechter, aber eben anders.
Vielleicht ist es ja bei Niki so, dass er das silbenweise Lesen nicht schafft, sondern sich die Wörter als ganzes einprägt?

viele Grüße
Silke
Sisa
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Beitragvon Mari-On » 17/3/2009, 14:01

Sisa, da schreibst du auch was, silbenmäßig lesen kann Niki überhaupt nicht, das wär ne Möglichkeit, daß es daran liegt. Er schreibt nach Gehör, so wie er das Wort hört oder wie es sich für ihn anhört und dann geht es anscheint.
Ich sagte gerade zu ihm: "du kannst ja schreiben", er zu mir: "ja, aber nicht abschreiben, weil dann kommen die Wörter nicht von mir" :?: :?: :?:

Aber da fällt mir ein, z.B. mit Schreibschrift kann er gar nichts anfangen, für ihn ist das Wörtermalen und er kann nicht entziffern was in Schreibschrift steht, wenn er in Druckschrift was abschreibt, schreibt er ohne es zu lesen, er weiß nicht, was er da schreibt, er schaut welcher Buchstabe als nächstes dran ist und schreibt den.
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Beitragvon Sisa » 17/3/2009, 16:57

Hallo Marion!
Dann erklärt sich das noch mehr: er merkt sich die Höhen und tiefen der gedruckten Schrift.
Der Buchstabe b geht ja zum Beispiel vom Erdgeschoss zum Dachgeschoss - der Buchstabe [size=16p[/size] vom Erdgeschoss zum Keller.
Beispiel:
Apfel: A= EG + DG; p= EG+KG; f= EG+DG; e= EG; L = EG+DG

Wenn du jetzt jeweils ein Quadrat in der einzelnen Etage malen würdest hättest du eine unregelmäßige Mäander - dieses Bild hat dann wohl Niki im Kopf und kann es auf bestimmte Situationen übertragen - also Pokemon-Heft - da gehören diese und diese Wortformen hin...

Da jeder Schreibschrift anders schreibt, gibt es kein einheitliches Formenbild - ergo kann Niki es nicht erkennen...

Nur so als Idee von mir...
Viele Grüße
silke
Sisa
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Beitragvon Mari-On » 19/3/2009, 11:20

Das wäre möglich, daß es bei ihm so ist, hm.

Montag hat er seinen Testtag in der Schule, in die er evtl. im Sommer rüberwechselt (ich hoffe, daß die ihn nehmen). Letzte Woche kam jemand von der Schule um ihn im Unterricht an seiner jetzigen Schule zu beobachten.Wenn das nun hoffentlich klappt mit dem Schulwechsel schlag ich 3 Kreuze vor Erleichterung.
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Beitragvon ehm. Userin » 19/3/2009, 12:14

Hallo Marion,

ich drücke Dir die Daumen, dass der Schulwechsel klappt.

LG
Jean
ehm. Userin
 

Beitragvon Mari-On » 1/5/2009, 15:04

Der Schulwechsel klappt :-)

(hab gerad ein neues Thema deshalb eröffnet, weil ich dies hier überlesen hab :oops: )
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Beitragvon Lisa-S » 5/8/2009, 18:12

Sorry, wenn ich hier so einfach rein platze.

@ Marion, soviel ich jetzt heraus gelesen habe, ist dein Niki autistisch und hat ADHS? Ist das richtig?

Habt ihr einmal an eine Schulbegleitung gedacht?

Benutzt ihr zum Schreiben einen PC oder Laptop? Meine Erfahrung ist, dass dies das Schreiben bei Autisten/ Aspergern sehr erleichtert.

lg L.
Zuletzt geändert von Lisa-S am 10/8/2009, 05:41, insgesamt 1-mal geändert.
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Beitragvon Mari-On » 5/8/2009, 18:28

Geht das denn, eine Schulbegleitung an der KB-Schule? Wär vielleicht mal ne gute sache, ich weiß ja nicht, wie sich das auf Dauer entwickelt mit ihm dort.
Niki selbst tippt an meinem PC und in der ehem. Schule durfte er oft am Laptop schreiben, ich denke, in der KB-Schule wirds diese Möglichkeit auch geben.

Niki hat ADHS/ Tourette/ Asperger (mit in der Reha leider heftigen Impulsausbrüchen, die sich nun langsam gelegt haben und hoffentlich nun nicht wieder zum Vorschein kommen wegs der Veränderung durch den Schulwechsel ab morgen).
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Beitragvon Lisa-S » 5/8/2009, 21:03

Hallo Marion,

gehen tut alles. Man muss es nur wollen. Die Schulart darf normaler Weise keine Rolle spielen, denn die Schulbegleiter sind eine Hilfemaßnahme zur Absolvierung der geeigneten Schule/ Schulform.

Eure Voraussetzungen sind meiner Ansicht nach gut ( Unkonzentration, Planungsschwierigkeiten, Tic, verbale Ausfälle, normale Intelligent - halt typisch ADHD und Asperger) . Allerdings sollte die Schule unbedingt mitspielen, ansonsten wird es schwierig. Die Schule hat sozusagen Hausrecht.

Ich kann von den Erfahrungen vor Ort sprechen. Viele Asperger sind nur schulfähig, wenn sie einen Schulbegleiter an der Seite haben. Ein Großteil der Asperger würden ohne EFH an LB Schulen zwangsintegriert, obwohl sie von den Leistungen her nicht hin gehören. Dies geht mit EFH und Inclusion aber auch anders.

Unser Sohn hatte die Anfangsdiagnose GB, in der 2. Klasse dann LB und nach Einsatz des EFH ist er plötzlich nach 5 Jahren hochbegabt. Ist ne tolle Karriere für ein Kind, was angeblich mal völlig normal geistig behindert ist. Die Diagnosen sind ebenfalls starkes ADHS und Asperger, wobei beide Störungen sich beeinflussen.

Tics sind bisher nicht aufgetreten und der Einsatz von MPH wirkt seit Jahren und wird sehr gut vertragen. Ohne diese Medikamente wäre unser Kind nicht schulfähig ( zu hohe Umweltempfindlichkeit). Wir haben das Glück, dass der Erfolg bisher anhält. Einzige Nachteile sind sein Hang zu Stereotypen und die „normale“ Appetitlosigkeit während der Wirkzeit.

Was in meinem Augen fast typisch ist, sind die emotionalen Ausfälle ( Überlastung/ Überreizung) und die Schwierigkeiten mit dem Lese-Schreibe-Lernprozeß.

Ich kenne ganz viele Aspergerjungs, welche damit extreme Schwierigkeiten haben.

Bei unseren Jungen war es so, dass er die halbe Fibel auswenig konnte, aber niemals wirklich las. Das lag an der Verarbeitung der Wörter als Bilder und nicht als Buchstaben. Desweiteren werden gleich aussehende und gleich klingende Buchstaben nicht unterschieden. Schreiben nach Hören geht und ging nie. Lieber schrieb er nie, was bei Aufsätzen oder Geschichten in der Schule ich als äußerst schwierig heraus stellt. Er „starb“ an seinem eigenen Perfektionsanspruch.

Das sollte Dich allerdings nicht entmutigen. Bei unserem Kind ist die Lautdifferenzierung erst 3 Jahre später nachgereift. Teilweise dreht er heute noch b und d . Da hilft wirklich nur Übung und unbedingt das visuelle Gedächtnis nutzen.

Von hohem Nutzen war/ ist der Laptop. Mittlerweile beinhaltet der Nachteilsausgleich die Nutzung des Laptops an der Schule ( normale Regelschule). Der Einsatz ergab, dass sich die psychische Sperre gegen sein Hassfach Deutsch löste.
Außerdem ist tippen leichter als die Bewegung der Hand. Die Bewegung der Hand lenkt von der Verarbeitung der Buchstaben im Gehirn ab. Man muss beim Schreiben mit dem Laptop und der Hand ein gesundes Mittelmaß finden, aber oftmals werden Asperger mit dem Schreibablauf überfordert. Die Fixierung auf die Schrift und die Feinmotorik ist so stark, dass sie die Buchstaben und Silben nicht mehr aufnehmen, verinnerlichen und automatisieren.

Hilfreich bei uns war, dass unser Kind die gehörten Buchstaben mit seiner Mundmotorik abgeglichen hat und erst dann schreibt. Buchstaben werden beim sprechen durch den Mund geformt und weil er nur schwer die Laute differenzieren konnte, gleicht er seine Mundstellung mit dem gehörten Buchstaben ab. Erst wenn dies übereinstimmt, schreibt er und nur dann.

Ich lege dir als Info ein paar Links bei. Dort auch mal schmöckern gehen.

Lg L.


http://www.isb.bayern.de/isb/download.a ... ec27cc6087


http://www.isb.bayern.de/isb/download.a ... faa52cc7b3


http://www.sovd-nds.de/6618.0.html



http://www.metatag.de/webs/foerderverei ... ng-VdK.pdf
Zuletzt geändert von Lisa-S am 10/8/2009, 05:53, insgesamt 1-mal geändert.
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Beitragvon Mari-On » 5/8/2009, 21:23

Morgen ist der erste Schultag und mir ist ein wenig mulmig, weil Niki eben in der Reha Dipiperon bekommen mußte, um überhaupt irgendwie klarzukommen ohne auszurasten und alles wegen der Veränderung, daß wir in die Reha gefahren sind. Er verträgt kein MPH wegen seiner Tics, die werden dann ganz extrem, Strattera hat auch nichts gebracht, anfangs liefs gut und dann kamen ganz heftige Aggressionen, es wurde sofort abgesetzt.
Auch er sollte erst in die LB-Schule, wo dann aber unser Kinderarzt und der Psychologe beide dagegen waren und ich auch.
Vor 4 Jahren hieß es, er wäre geistig behindert, dann kam er vom Sprachheil-Kindergarten in den Integrationskindergarten und plötzlich klappte alles besser, er machte Fortschritte und dann hieß es, er hätte eine normale Intelligenz, er solle zur Sprachheilschule gehn (mit Grundschulcurricular), dort ist er leider gescheitert, die Klassenstärke von 13 Kindern mit einer Lehrkraft war für ihn zuviel.
Was ich mittlerweile rausgefunden habe ist, er träumt nicht im Unterricht wie alle angenommen haben, sondern er saugt förmlich Input auf und kann es so abrufen auf Stichwort, er kriegt alles mit, auch wenn mans ihm nicht ansieht. Er kann sehr gut lesen, nur nicht wenn jemand dabei ist, dann stottert er sich irgendwas zurecht und verhaspelt sich beim Atmen, aber wenn er alleine ist (und nicht merkt, daß jemand in der Nähe ist....) kann er sehr komplizierte Wörter lesen.
Er kann mittlerweile auch malen, bis ins einzelnste Detail, aber er kann nicht in den Linien schreiben, oder in Kästchen rechnen, er kann sowas nicht einhalten, und er schreibt oft spiegelverkehrt, teilweise mit beiden Händen gleichzeitig, daß er ein Wort von vorne und von hinten beginnt, das ist jetzt neu (und irritiert mich, das geb ich zu). Er kann sich nicht selbst anziehn, erkennt nichtmal die Vorder bzw Hinterseite seiner Hose, läuft mit Ziegenfüßen und merkt auch nicht, wenn er vergessen hat sich ne U-Hose anzuziehn, aber er spürt und sieht sofort die kleinste Veränderung in seiner Umgebung und zieht sich daran hoch und kommt damit nicht klar.

Momentan nimmt er nur seine Asthma-Medis und nichts sonst weiter, ist also recht schwierig die momentane Situation, Risperdal steht zur Diskussion, aber ich möchte abwarten, obs auch ohne klappt. Momentan hoffe ich, daß das Jugendamt ne Kostenzusage gibt für die Therapie beim Autismuszentrum, aber da ist wieder das Problem, daß die warscheinlich damit argumentieren, daß Niki ja eh zu einer Förderschule geht und die nicht braucht.
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Beitragvon Lisa-S » 9/8/2009, 08:21

Hallo Marion,

deine Schilderungen klingen in meinen Ohren nach normaler „Karriere“ eines Aspergers.

Für uns ist das MPH ein Segen, denn danach ging die Entwicklung steil nach oben. Ich weiß aber, dass nicht jedes Kind (egal ob Autist oder nicht) das MPH verträgt. Wir wechselten in den letzten Jahren auch sehr oft die Sorte und sind derzeit bei Ritalin LA angelangt. Die retardierte Form stellte sich als die beste Lösung heraus, weil der Wirkstoff gleichmäßiger ausströmt. Wobei unser Junge einen hohen Stoffwechsel hat und den Wirkstoff schnell verbraucht. Aus diesem Grunde ist nur die Schulzeit abgedeckt. Nachmittags geht es auch ohne, zumal als Nebenwirkung eine absolute Appetitlosigkeit angezeigt ist. Dieser entgehen wir, wenn er ohne Medikamente ist.

Bei Strattera kenne ich fast nur entmutigende Beispiele. Im Bereich der ganz jungen Kinder war am ehesten der Erfolg zu finden.

Die ADHSler, welche Strattera bekamen, hatten oft einen Anfangserfolg, aber dann ganz plötzlich keine Wirkung mehr. Außerdem ist es mit der Dosierung ( Einschleichen/ Ausschleichen) kompliziert.

Ich kenne frühkindliche Autisten, welche MPH und Risperdal bekommen, allerdings in sehr geringer Dosis. Ein frühkindlicher Autist ( mit extremer Weglauftendenz) hat seitdem eine super Entwicklung durchgemacht. Allerdings ist das wirklich nicht der Normalfall und hier spielt auch die Förderung eine Rolle.

Hast du dich schon einmal mit ABA und TEACCH beschäftigt? Ich weiß, dass sich im I-Net ganze Völkerschaften darum bekriegen und es fast ein „Religionskrieg“ ist, aber das sollte dich erst einmal nicht stören. Der Vorteil beider Therapieeinheiten ist, dass der Alltag absolut strukturiert wird. Das ist extrem wichtig für Autisten ( und für Kinder generell).

Der Hauptgrund des „Ausflippens“ ist, dass diese Kinder überfordert sind, weder Handlungen planen noch auf andere Handlungen übertragen können. Sie flippen aus, weil sie keine Lösung für einen Konflikt haben. Dabei muss ich immer wieder betonen, dass man nur etwa 20 % der Reaktion an dem Kind sieht. Der Rest läuft „unter der Haut“ ab und ist für den Außenstehenden unsichtbar und nicht zu erkennen. Der Auslöser eines Ausrasters muss dann nicht unmittelbar bevor liegen, sondern kann schon Stunden/ Tagen vorher geschehen sein und dann ist es letztendlich die Summe, die zu einem emotionalen Ausbruch führt.

Klar träumt er sich nicht weg. Das ist bei unserem Jungen auch so. Das liegt daran, dass diese Kinder ihre Informationen nicht direkt sonder auch pheripher ( am Rande des Gesichtsfeldes) wahrnehmen können. Ihre Informationsverarbeitung ist anders, langsamer und das muss man wissen. Viele Lehrer sagen, dass er weg trifftet. Das stimmt aber nur teilweise so. Man weiß halt nur nicht, wann er anwesend ist und wann nicht. Darin liegt aber auch die Schwierigkeit begründet, den Lehrern begreiflich zu machen, dass ihnen viel an Hilfebedarf entgeht. Aber Lehrer und Schule sind ein Thema für sich.

Wie läuft es in der Schule? Hast du schon mit den Lehrern gesprochen?

Ich habe zusammen mit den Therapeuten einen Schulhefter für unseren Sohn angelegt. Unter anderem mit Stärken und Schwächen unseres Kindes, Unterrichtstipps und Lernbesonderheiten. Das ist so als erste Hilfemaßnahme gedacht.

Hinzu kam eine Anleitung/ Info über das eingeführte Ordnungssystem und ein Notfallplan bei Konflikten ( Was muss ich tun, wer macht was, wer ist Ansprechpartner usw.) Das ist wichtig, damit auch die Lehrer adäquat reagieren können, wenn unser Schulbegleiter einmal nicht da ist.

Unser Schulbegleiter ist übrigens nicht dazu da, den Lehrstoff der Lehrer zu übernehmen, sondern nur den Lehrstoff autistisch anzupassen und als Stütze des Lehrers mit umzusetzen. Darunter zählt die Strukturierung des Stoffes, die zugängliche Hilfe, Orientierung in den Büchern und Heften und die komplette soziale Komponente. Die soziale Komponente geht von extra Betreuung der Hofpause auf einem extra Platz ( soziale Erholung vom Unterricht) über Moderation von Konflikten mit den Mitschülern, Schutz vor den Mitschülern, Entschärfung sozialer Konflikte bis hin zum Verlassen des Klassenraums bei Überforderung ( besonders durch Lautstärke) und arbeiten in einem extra bereitgestellten Raum.

Ich weiß, dass dies super klingt, aber dafür mussten wir hier sehr kämpfen. Gewonnene Gerichtsverfahren gegenüber dem JA und viele Nerven liegen auf dem Weg.

Ich denke aber, wenn man den Autisten diese Hilfe gerade am Anfang der Schulzeit massiv zukommen lässt, dann sind sie durchaus in der Lage, ihren Weg später allein zu gehen und eine in einer normalen Regelschule zu bestehen. Allein die Praxis sieht anders aus.

Übrigens darf das JA die Autismustherapie nicht abweisen mit der Begründung, dass dein Sohn auf die Förderschule geht. :evil:

Schule und Autismustherapie sind 2 Paar verschieden Schuhe. Die Schule ist für die Bildung zuständig und die Autismustherapie ist für die sozialen Belange zuständig. Das kann die Schule gar nicht leisten.

Aber sie werden durchaus versuchen, dir das so zu begründen. Bei uns wurde versucht, dass ich mich entscheiden sollte: Entweder EFH oder Therapie. Ich habe das Amt dann mit ihren eigenen Waffen geschlagen und beides bekommen. Das ist nämlich nicht rechtens.



Über die Autismustherapie bin ich besonders glücklich. Nicht nur, dass unsere Therapeuten unsere alltäglichen Probleme und Wünsche mit in die Therapie einbeziehen, sondern weil ich mich als Mutter auch einmal heraus ziehen kann. Das entlastet uns als Familie ungemein.

Themen in der Therapie sind sogenannte weiche Themen wie Freundschaften, was sind Freundschaften, Freunde, soziale Regeln, Aufarbeitung von sozialen Konflikten, Erstellung von sozialen Notfallplänen bis hin zu Training von so genannten Alltagskompetenzen: einkaufen mit allen Hürden , kochen, backen usw. Im Prinzip die Bildung einer Alltagsstruktur und eines Tunnels, an der sich unser Sohn entlang hangeln kann.

Am Besten fand ich, dass unsere Therapeuten mit ihm einen Kurs durchgeführt haben und zwar den von Vermeulen: „ Ich bin etwas Besonderes“. Das ist die Aufklärung der Kinder/Jugendlichen ab ca. 10 Jahren über das Aspergersyndrom. Der Kurs ist eingeschlagen wie eine Bombe und seitdem geht es mit seinem Selbstbewusstsein steil bergauf. Zeitgleich wurden die Eltern in einer Elternversammlung durch unsere Therapeuten /Lehrer über das Aspergersyndrom aufgeklärt und die Autismusbeauftragten und Lehrer unseres Schulbezirkes übernahm die Aufklärung der Klasse. Die Summe aus – EFH, Strukturierung, Therapie und Aufklärung- schränkte mögliches Mobbing gleich von vornherein ein. Bisher sind wir weitestgehend davon verschont geblieben, was nun in dem Bereich nicht gerade ein Normalfall ist.

Wenn also das Amt kommt und dir die Therapie ablehnt- kämpfe dafür. Unbedingt, denn wenn Autisten in die Pubertät kommen, wird es noch schwieriger.

Kurz noch zum lesen. Da kann ich dich trösten, dass ist bei uns auch so gewesen. Nur hatten wir dann ab der 2. Klasse den Nachteilsausgleich, dass er nicht vor der Klasse lesen, Gedicht aufsagen, erzählen und singen muss, sondern in einem Raum nebenan mit der Person, der er am meisten vertraut. Interessanter Weise half ihm das so gut, dass er dann innerhalb eines Jahres anfing, vor der Klasse zu singen oder zu antworten. Ganz leise, aber immerhin.

Hast du mit den Lehrern einmal über Nachteilsausgleiche gesprochen? Ich hänge dir einmal Lernbesonderheiten als pdf an. Vielleicht hilft dir das in der Argumentation weiter.

Lg L.
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